18. Februar 2019

Zeiträuber Smartphone

Ein Freund von uns hat gerade mit seiner Tochter Momo gelesen und sie anschließend gefragt, was denn ihre ganz persönlichen „grauen Herren“, also Zeitdiebe sind. Spontan hat das Mädchen „Mein Smartphone“ gerufen – und damit ausgesprochen, was uns wohl alle betrifft. Hier noch kurz eine WhatsApp-Nachricht, da ein kurzes Spielchen und schon ist eine halbe Stunde vergangen. Wir schlafen sogar kürzer, weil uns das Smartphone am Schlafengehen hindert. Das hat eine Umfrage im Auftrag der Barmer ergeben. 33 Prozent der Befragten, die elektronische Geräte im Schlafzimmer haben, bleiben länger auf als beabsichtigt. Bei denen, die ohne Elektronik im Schlafzimmer auskommen, sind es nur 15 Prozent, heißt es in einer Pressemitteilung.

Beunruhigend ist auch die Erkenntnis, dass uns mit dem Handy die Langeweile flöten geht. Weil wir in jeder freien Sekunde zum Smartphone greifen – ob an der Bushaltestelle, beim Fußballtraining der Kinder oder beim Warten auf den Filmbeginn im Kino. Langeweile aber ist wichtig für unsere Kreativität und für unsere Eigenwahrnehmung. Psychologe Marc Wittmann sagt im Interview mit ZEIT Campus ONLINE, dass uns durch die permanente Handynutzung der Kontakt zu uns selbst verloren geht und wir uns gar nicht mehr richtig erleben. Denn für Fragen wie „Was ist mir wichtig? Wie geht es mir heute? Was will ich eigentlich?“ ist schlicht keine Zeit und kein Raum mehr.

Das wiederum wirkt sich auf unser Zeitempfinden aus. Der Psychologe erklärt: „Wenn wir es verlernen, es mit uns selbst auszuhalten, verlernen wir eben auch, die Zeit wahrzunehmen, und verlieren dadurch auch Lebenszeit“. In der Bewusstseinspsychologie nämlich geht man davon aus, dass der Mensch die Zeit dann wahrnimmt, wenn er sich selber wahrnimmt. Wir fühlen die Zeit also mit unserem Körper.

Vielleicht hilft es schon, dass Handy nicht immer griffbereit dabei zu haben und sich so ganz bewusst auch mal ein paar Minuten „verschwendete Zeit“ zu gönnen. Momo wäre stolz auf uns!