11. Juli 2022
Ode an den Flohmarkt

Was im Krämerladen bei Ike Godsey in der 70er-Jahre-Familienserie „Die Waltons“ noch zum guten Ton gehörte, wird beim Shoppen in der Einkaufspassage heute leider kaum mehr praktiziert: das kleine Einkaufspläuschchen, das beiden Seiten dazu diente, sich kurz und knapp auf den neuesten Stand zu bringen. 2022 scheint der Kaufplausch überall ausgestorben. Überall? Nein, es gibt eine letzte Bastion des feinen Smalltalks neben der Verhandlung: Flohmärkte!
Wie herrlich gesellig und mitunter lehrreich so ein kur-
zer persönlicher Austausch sein kann, durften wir an diesem Wochenende wieder einmal feststellen – beim Straßenflohmarkt, direkt vor der eigenen Haustür. Kaufinteresse auf der einen, Verkaufsinteresse auf der anderen Seite, schnell und einfach kommt man ins Gespräch. Erzählt die Geschichte des Gegenstandes („Das hatten wir nur einmal im Italienurlaub mit dabei.“), erfährt Familiendetails („Das hat sich unsere Tochter gerade zum fünften Geburtstag gewünscht.“), geht auf Zeitreise („Genau das Gleiche hatte meine Oma früher im Wohnzimmer stehen.“) oder entdeckt Gemeinsamkeiten („Die Bücher von T.C. Boyle lese ich auch total gerne.“).
Ein wohliges Gefühl in Zeiten des virtuell dominierten Austauschs. Und das Gefühl lässt sich ausdehnen. Denn auch neben dem kommunikativen Austausch tun Flohmärkte Gutes. Wo ein nicht mehr gebrauchter Gegenstand einen neuen Besitzer findet, wird schließlich im besten Sinne Nachhaltigkeit gelebt. Wir haben dazu gerade wieder unseren Beitrag geleistet.
Die Band Deichkind hat dem geselligen, nachhaltigen Straßenverkaufsevent mit „Der Flohmarkt ruft“ ein musikalisches Denkmal gesetzt und sich als Fans geouted. Dem schließen wir uns spätestens seit dem netten Erlebnis vom Wochenende absolut an.